12-fach Di2: Die Shimano 105 ist tot, lange lebe die 105

12-fach Di2: Die Shimano 105 ist tot, lange lebe die 105

17. August 2022 Aus Von Fabian

Die Marke Shimano 105 stand seit jeher für einen preisbewussten, qualitativ hochwertigen Einstieg in die Welt wettkampftauglicher Rennradschaltungen. Immer etwas schwerer als die teureren Premiumgeschwister Ultegra und Dura Ace und aus Kostengründen manchmal mit der Technik der Highend-Vorgängergeneration ausgestattet, aber auch unter großer Belastung präzise und zuverlässig. Ein grundsolides Arbeitstier das liefert.

Die Shimano 105 war einmal für alle

Das Wichtigste aber: Die 105 war für alle eine interessante Alternative, egal ob absoluter Einsteiger, Pendler, Jedermann oder ambitionierter Lizenzfahrer

Unabhängig der eigenen Leistungsfähigkeit bot die 105 eine breite Möglichkeit an Übersetzungen zum kleinen Preis. Vom 34er kleinen Kettenblatt bis hin zum großen 53er und einer ebenso vielfältigen Kassettenbandbreite zwischen 11-28 und 11-34 war für jeden etwas dabei. Diese Zeiten sind seit der Einführung der neuen 12-fach 105 Di2 und des absehbaren Produktionsendes der mechanischen 11-fach 105 bis auf Weiteres vorbei.

Eingeschränkte Übersetzungsbandbreiten

Als Fan von mechanischen Schaltungen nahm ich die Vorstellung der neuen Gruppengeneration als Di2-only mit gemischten Gefühlen auf, sah aber fairerweise auch den Mehrwert die Di2-Technik hiermit auch in preiswertere Regionen zu bringen. Die große Ernüchterung kam dann bei den verfügbaren Übersetzungsmöglichkeiten: 2 Kurbeln in 34 / 50 und 36 / 52 gepaart mit nur zwei verschiedenen Kassetten, eine 11-34 und eine 11-36. Über die zweifelhafte Sinnhaftigkeit von 34 oder gar 36 Ritzeln am Rennrad, die ich hiermit sehr ernsthaft in Frage stelle, kann man meinetwegen noch diskutieren. Der Markt will es anscheinend, also hat es seine Berechtigung

Aber wo sind die Optionen für ambitionierte Hobbysportler? Wo ist die 39 / 53 Kurbel? Wo ist die 11-30 und 11-32 Kassette?

Für eine 11-30 Kassette muss man in das signifikant teurere Ultegra Regal greifen und für eine 39 / 53 ähnliche Kurbel in das noch teurere Dura Ace Regal, hier hat Shimano eine 40 / 54 Kurbel im Angebot. Einfach in den sauren Apfel beißen und teurere Komponenten nachkaufen geht aber auch nicht mehr. Der 105er Umwerfer kann nur maximal 52 Zähne, es wäre ein Frevel hier Shimano Absicht zu unterstellen. Wer relativ kostengünstig eine dickere Übersetzung nachrüsten will guckt also in die Röhre und muss direkt deutlich tiefer in die Tasche greifen.

Zwang zu teureren Ultegra / Dura Ace Komponenten

Auch kann man als Nutzer von Ultegra und Dura Ace Antrieben nicht mehr zu deutlich kostengünstigeren 105er Verschleißteilen wie Kassetten greifen. Es gibt sie einfach nicht mehr, anders wie hier zu sehen bei früheren Gruppen: https://gpx-radtouren.de/uebersicht-shimano-rennrad-schaltgruppen/


Noch vor ein paar Jahren waren komplette fahrfertige Rennräder mit gruppenreiner mechanischer 11-fach Ultegra oder 105-Ausstattung und renntauglicher 39 / 53 Kurbel in Verbindung mit 11-30 Kassette für teils deutlich unter 1500 Euro zu haben. Mangels Alternative muss der gewillte Käufer nun zukünftig für ein Rad mit vergleichbarer Übersetzung das vier bis Fünffache zahlen.

Dadurch hat die 105 ihre langjährige Identität als preisbewusste Lösung für alle Zielgruppen verloren. Der Geist der 105 ist tot. R.I.P.

Die neue 105 hinterlässt als Erbe ein riesengroßes Loch in der Angebotspalette von Shimano.

Doch wie geht es weiter? Erleben wir eine 11-fach Tiagra oder gar Sora auf dem Niveau vorheriger 105er Gruppen? Eventuell sogar eine umgelabelte 105er R7000? Oder kommt eine mechanische 12-fach 105 mit vernünftigen Übersetzungen?

Es bleibt zu hoffen, das Shimano sich besinnt und die 105 nicht nur für Einsteiger fokussiert.